Das Vier-Buchstaben-Wort, das dein Leben sofort verbessern wird | Nein sagen

Sprachliche Weichmacher reißen die eigene Abwehr ein. Besser? Deutlich bleiben! Auch wenn man einen kurzen Streit mit der BFF riskiert ...
Warum du dir selbst den größten Gefallen tust, wenn du nicht unbedingt gefallen willst – und wie du nie mehr „Ja!“ sagst, wenn du „Nein“ meinst!

„Bringst du ein Dessert mit?“„Fährst du mit zu meinen Eltern?“„Hilfst du mir kurz bei der Abrechnung?“ Kaum hat die beste Freundin, der Partner oder die Kollegin:„Nein. Hab’ selbst genug auf der Platte.“ Nur: Rauskommen tut etwas anderes, plötzlich hört man sich selbst „Klar“, sagen, „kein Ding!“ Und bleibt dann von sich selbst überrumpelt und mit diesem Ich-bin-der-letzte-Depp-Gefühl zurück. Aber kleine Bitten abschlagen? Nee, geht doch auch nicht. Als verspiele man sich durch das eine Wort alle Sympathien. „Dabei ist es extrem wichtig, auch ‚nein‘ zu sagen“, weiß Martin Wehrle, Coach und Ratgeber-Autor. Denn: „Wer immer nur ‚ja‘ sagt, der tritt sein Leben an andere ab.“ Hier erklärt er, wie man sich seine Selbstbestimmung zurückholt.

Nicht weicheiern, Nein sagen!

Um ein Nein abzumildern, gehen die meisten Menschen rhetorisch in die Knie und sagen Sätze wie: „Es tut mir wahnsinnig leid, dass ich dich enttäuschen muss.“Das ist ein Fehler, den Martin Wehrle so erklärt: „Je schuldbewusster Ihre Antwort ausfällt, umso mehr Schuld schreibt Ihnen auch der andere zu und bekommt das Gefühl, er hätte eigentlich Anspruch auf Ihre Zusage.“ Wer hingegen locker antworte„Nö, das passt jetzt nicht“, übertrage diese Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit auch auf den Bittsteller und mache eine Diskussion unwahrscheinlich, so der Coach. Eine besondere Challenge: Wenn das Gegenüber auf ein „Nein“ nicht direkt reagiert. Denn das verunsichert und lockt einem noch eher Entschuldigungen hervor. „Halten Sie Schweigen aber unbedingt aus, indem Sie etwa innerlich bis zehn zählen“, rät Martin Wehrle. „Sonst schwächen Sie Ihre Position.“
Den „BFF“-Status verlieren, wenn man keine Pompons für die Hochzeit der Freundin basteln mag; oder sofort auf der Abschussliste des Chefs stehen, wenn man eine Überstunde verweigert – die Vorstellungen davon, was nach einem „Nein“ passiert, gleichen einem sozialen Super-GAU. „Und weil wir dazu tendieren, uns die Folgen besonders schwarz auszumalen, knicken wir meist doch ein“, sagt Martin Wehrle. Dagegen helfe, sich rationale Fragen zu stellen: „Wie wahrscheinlich ist es, dass eine Beziehung zerbricht, nur weil ich mich jetzt nicht opfere? Was spricht gegen diese These? Könnte sogar das Gegenteil wahr sein?“ Fast immer wird man, so verspricht es der Experte, merken: Ein ehrliches Nein ist nicht nur fürs eigene innere Gleichgewicht, sondern auch für das Verhältnis zum Gesprächspartner, besser als ein geheucheltes Ja. Darüber hinaus sollte man nachdenken, welche positiven Folgen ein Nein hätte – für einen selbst! Etwa, was man mit der gewonnenen Zeit alles anstellen könnte. Denn, das müsse man sich klarmachen, meint Martin Wehrle: „Sobald man gibt, nimmt man sich selbst etwas weg. Es stehen jedes Mal die eigenen Interessen gegen die der anderen.“

Abwarten, statt vorschnell reagieren

Kennt jeder: Die besten Nein-Argumente fallen einem grundsätzlich dann ein, wenn das Gespräch längst vorüber ist. Zum Glück hat man das gute Recht, sich seine Erwiderung ganz in Ruhe zu überlegen. „Bitten Sie um Aufschub für Ihre Entscheidung“, rät der Autor. „Auf diese Weise entgehen Sie auch der manipulativen Überrumpelungstaktik, bei der derjenige, der etwas von Ihnen will, Ihr Einverständnis schon voraussetzt.“ Wie etwa der Bruder, der einem simultan zur Bitte „Bringst du mir was von Ikea mit?“, den Einkaufszettel schon in die Hand drückt. „Außerdem“, sagt der Experte, „kann man Rattenschwänze erst mit etwas Abstand erkennen.“ Das heißt: Man sollte genau überlegen, wie viel im Nachgang noch auf einen zukommt. Wie viel Mehraufwand bedeutet es wirklich, wenn man die Bitte erfüllt? Muss man die Möbel zum Beispiel auch abliefern? Das Geld auslegen? Wer Fakten präsentieren kann (größeres Auto nötig, längeres Anstehen an der Warenausgabe etc.), der tut sich auch mit dem „Nein“ leichter.

Mein Tanzbereich, dein Tanzbereich

„Will man anderen klare Absagen erteilen, muss man erst seine Grenzen kennen“, sagt Martin Wehrle. Die lassen sich recht einfach ausmachen, erinnern Sie sich an Ihre letzten Ich-bin-der-letzte-Depp-Situationen – und leiten Sie daraus Prinzipien ab. Zum Beispiel: „Ich schenke grundsätzlich alleine und halte nichts von Gemeinschaftsgeschenken.“ Oder: „Ich checke im Urlaub nie meine Job-Mails.“Besonders wichtig ist das Grenzenziehen auch bei Rollenkonflikten. Wenn die Kollegin, die einen um Hilfe bittet, zum Beispiel gleichzeitig eine gute Freundin ist. Da hilft es, auch in der Antwort zu differenzieren: „Du weißt, dass ich dir als Freundin immer beistehe. Aber hier kann ich das nicht, weil ich den Tisch selbst voll mit Arbeit habe. Bitte suche nach einer anderen Lösung.“

Smart abwehren

Klar, wird es Ihnen nicht sofort supereasy fallen trotz all dieser Tipps „nein“ zu sagen. Weil diese vier Buchstaben nach einer Erklärung verlangen. Martin Wehrle kennt verschiedene Strategien, um Absagen geschickt zu begründen.Strategie 1: Mit Prinzipien argumentieren. Laut dem Experten das beste Fundament für ein „Nein“. Zum Beispiel, wenn man in einer Bar arbeitet und Bekannte free Drinks erwarten: „Ich habe meinem Chef versprochen, niemandem etwas auszugeben.“ Strategie 2: Betone, wie die Gegenseite von Ihrem „Nein“ profitiert. „Hören Sie aktiv zu, finden Sie das Ziel des anderen heraus und zeigen Sie Alternativen auf“, sagt der Coach. Eine Fern-Freundin will etwa unbedingt, dass man Snapchat beitritt, um noch besser in Kontakt zu bleiben, man selber hat aber keine Lust auf einen weiteren Social-Media-Kanal? Dann kann man antworten:„Es würde nichts bringen, wenn wir jetzt diesen Account einrichten, weil ich eh nie wieder draufschauen würde. Lass uns doch einfach einen festen Skype-Tag pro Woche einplanen.“ Strategie 3: Manipulationen aufdecken. „Viele Menschen verstecken ihre Bitten geschickt hinter Schmeicheleien und der – unwahren – Behauptung, man sei die einzige Lösung für ihr Problem“, sagt Martin Wehrle. Dem könne man am besten ein Augenzwinkern und einen amüsierten Tonfall entgegensetzen, so der Coach. Nach dem Motto: „Wenn du mich so überschwänglich lobst, dann willst du doch garantiert etwas von mir, das ich nicht will…“

Körpersprache deuten

Die größten Feinde des „Neins“ sind die „Eigentlichs“, „Vielleichts“ und „Würdes“ der Welt. Wörter, die man wie übertriebene Entschuldigungen fast automatisch gebraucht. „Eigentlich wollte ich am Wochenende wegfahren“…statt das Projekt fertigzustellen; „Eigentlich habe ich kein Geld“ …um mit dir in den Urlaub zu fahren. Martin Wehrle warnt ausdrücklich vor sprachlichen Weichmachern, weil sie „zu erkennen geben, dass die eigene Abwehr zu knacken ist. Und so das Gegenüber anspornen, einen doch noch zu überzeugen“. Werde man bedrängt, solle man sein „Nein“ lieber noch deutlicher wiederholen, das lasse den anderen zurückweichen. Besonders, wenn man seine Aussage mit einer starken Körperhaltung garniere: „Stehen oder sitzen Sie stabil, halten Sie Blickkontakt, spielen Sie nicht mit Ihren Fingern herum und verschränken Sie, wenn nötig, abwehrend die Arme vor der Brust. Aber lächeln Sie keinesfalls entschuldigend“, rät er. „Wenn Sie ‚nein‘ in zwei Sprachen sagen – der Wort- und Körpersprache, wird es noch besser verstanden.“

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